Chancen, Veränderung und Nachholbedarf

In einer gemeinsamen Studie von Forbes Insight und dem Technologieunternehmen Quantcast, für die 504 hochrangigen Marketingverantwortlichen (CMO, Head of Marketing, Head of Digital und CDO) aus verschiedensten Branchen befragt wurden, sollte der aktuelle Entwicklungsstand des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz (KI) im Marketing festgestellt werden. Dabei zeigt sich, dass KI trotz vieler Chancen immer noch eine Wachstumstechnologie ist.

Die Studie ergab dabei, dass KI sowohl für traditionelle als auch digitale Marken eine zunehmend wichtigere Rolle bei ihren Marketingaktivitäten spielen wird. Die Befragten schätzten, dass KI den größten Mehrwert für eine präzisere Messung (72 Prozent), ein Echtzeitverständnis von Kunden- und Neukundenbedürfnissen (55 Prozent), eine tiefergehende verhaltensbasierte Segmentierung (53 Prozent) sowie einem involvierenden Messaging (52 Prozent) bringe.

Auch soll der Einsatz von KI bei den alltäglichen Marketingaufgaben für Entlastung sorgen und so Freiräume für die Strategieentwicklung schaffen. Beispiele wie das von Zalando, die im März bekannt gaben, dass 250 Marketingstelle gestrichen und durch KI ersetzt werden würden, werden sich daher in der Zukunft häufen. Dabei hat das Unternehmen Prozesse umstrukturiert um Standartaufgaben von Algorithmen übernehmen zu lassen. Dennoch bleibt die KI im Marketing noch eine Wachstumstechnologie, der zwar 67 Prozent der Befragten Vorteile für die eigene Marketingaktivität zusprechen. Als wichtig oder kritisch sehen sie jedoch gerade einmal 30 Prozent.

Die Studie versuchte desweiteren digitalversierte Führungskräfte im Marketingbereich zu identifizieren. Dabei stach insbesondere die Region Asien-Pazifik hervor, aus der 43 Prozent der digitalversierten Führungskräfte stammen. Abgeschlagen dahinter folgen Nordamerika mit 22 und Europa mit nur 16 Prozent.

Prof. Peter Gentsch von der Hochschule für Technik in Aalen bestätigt mit seiner Einschätzung diese Erkenntnisse. Er sieht bei europäischen, insbesondere deutschen Unternehmen, Nachholbedarf bei erfolgreichen KI-Anwendungen im Marketing, da dort ein erhebliches Potential zur Wertschöpfung läge.

Gentsch sieht die Rolle von KI in zwei Feldern, zum einen in der bereits erwähnten Automatisierung von Marketingprozessen um Kosten zu sparen und effizienter arbeiten zu können. Hier findet sich bereits eine ganze Reihe von ausgereiften Automatisierungsanwendungen, auf die zugegriffen werden könnte. Die andere Rolle der KI sieht er bei der Unterstützung von komplexen und kreativen Aufgaben, welche zum Beispiel durch automatisierte Zielgruppen- und Trendanalysen gestärkt werden kann. Die letzten Entscheidungen müssen hierbei jedoch immer noch von Menschen getroffen werden, auch wenn der Entscheidungsprozess mit wichtigen Informationen durch die KI angereichert wird. Auch können komplexer werdende Märkte, Kanäle und Touchpoints besser analysiert werden und auf Basis von umfangreichen Customer-Journey-Daten, lässt sich so auch die optimale Media-Budget-Allokation über die Zeit bestimmt werden.

Einen letzten Aspekt, den Gentsch hervorhebt, ist, dass der zunehmende Einsatz von KI und die Kommunikation der Konsumenten über Bots und digitale Assistenten, wie Alexa oder Siri auch den Zugriff auf den Konsumenten für Marken erschweren könnte und statt suchmaschinenoptimiertem Marketing bald ein Bot-optimiertes Marketing notwendig werden könnte und diese sich auch auf das Element der Emotionalisierung von Marken auswirken könnte, da Bots nicht emotionalisierbar sind.